Larifari und Melodrama

Vom Ende der Einsamkeit ist das dieser Tage wohl gehypteste Buch. Ich habe mich 300 Seiten durch dieses Buch gequält, weil ich drüber schreiben sollte. Dann habe ich es weggelegt, weil es mich so angeödet hat und ich einfach keine Zeit für Bücher habe, die mich nicht interessieren. Eine Frage beschäftigt mich aber weiterhin: Was muss Benedict Wells für einflussreiche Freunde haben, wenn er es mit seinem mittelmäßigen Buch sogar ins ZDF heute-journal schafft?

Dieses dreieinhalbminutenlange Feature sagt im Grunde schon alles. Zwar wird er von Claus Kleber mit Bezug auf Wells ersten Roman, den er Anfang zwanzig schrieb, als "literarisches Wunderkind" vorgestellt, aber was dann folgt ist ein niedliches, ein bisschen langweiliges Interview mit jemandem, der eigentlich noch nicht gar so viel zu sagen hat.

Und genau so ist auch sein Buch Vom Ende der Einsamkeit: stets bemüht. Womöglich kann der Autor schreiben. Ich kenne seine vorigen Bücher nicht und habe nach seinem neusten auch nicht das Bedürfnis, sie noch zu lesen.

 

Ich weiß gerade gar nicht so genau, was ich über dieses Buch schreiben soll. Vielleicht fangen wir bei der Thematik an. Vom Ende der Einsamkeit handelt davon, wie der frühe Verlust von Familienmitgliedern den Verlauf des ganzen Lebens beeinflussen kann. Ein interessanter Ausgangspunkt. Der Ich-Erzähler Jules Moreau und seine zwei Geschwister kommen nach dem Unfalltod der Eltern auf ein Internat. Sie gehen alle drei auf ihre eigene Weise mit dem Verlust um. Wegen der Ich-Erzählperspektive begleitet der Leser aber vor allem Jules auf seinem Lebensweg, den der Autor mäßig kunstvoll, dafür umso künstlicher konstruiert hat.

 

Auf den ersten fünzig Seiten liest sich das Buch noch recht interessant. Erzählt wird die Kindheit in der heilen Welt. Doch dann kommt die Zäsur: der Unfall, und danach geht es mit der Erzählung bergab. Spannung soll mit immer derselben Technik erzeugt werden, durch den Verweis auf ein in der Zukunft liegendes Ereignis. Als Leser fühle ich mich da für dumm verkauft. Die Dialoge sind hölzern, klischeebehaftet, seicht und einfach nur ärgerlich. Die Figuren werden nicht ausgearbeitet, sind unglaubwürdig und entwickeln sich nicht. Die Handlung ist melodramatisch, bewegt den Leser aber nicht.

 

Alles in allem ist dieser Roman eine Luftnummer - aber ich freue mich natürlich über jeden zusätzlichen Leser, der durch die Freude an der Lektüre dieses Buches fürs Lesen gewonnen werden kann.

 

*Danke, Florentine Bruck!