Schaler Schmu

Was nur, was stört mich an diesem Buch, habe ich mich gefragt. Sicher, es ist keine große Literatur, aber das muss ja auch nicht sein. Es liest sich recht flott und für ein Romandebüt ist die Erzählstruktur ganz nett und sehr filmisch ausgedacht. Was stimmt also nicht? Ganz einfach: Alles ist zu oberflächlich und zu unverbindlich.




Für einen Liebesroman mag das ein passables Rezept sein, für einen Roman, der teils im Dritten Reich und im KZ spielt, ist die damit einhergehende Flapsigkeit Gift. Es wird hier mit einer Leichtigkeit über Folter, verhungernde KZ-Insassen und Massengräber hinweggegangen, dass es einen schaudert. Wenn der Autor nicht bereit oder in der Lage ist, diesem historischen Teil gebührende Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu schenken, hätte er ihn einfach ersetzen sollen.


Aber der Reihe nach: Erzählt wird zum einen die Geschichte von Mosche Goldenhirsch, dem Sohn eines Prage Rabbis, der dem Judentum abschwört, um zu einem Zauberzirkus zu gehen. Er feiert im Berlin der Dreißiger, Vierziger Jahre erst Triumphe als „Der Große Zabbatini“, bevor er durch einen Verrat als Jude enttarnt und umgehend ins KZ geschickt wird, erst Theresienstadt, dann Ausschwitz. Er überlebt, geht nach Amerika und ist auch dort anfänglich erfolgreich, doch die Konkurrenz ist besser, und so endet er in einem Altersheim für gewesene Künstler.


Dort findet ihn der zehnjährige Max Cohn, der auf der Suche des Schöpfers eines Liebeszaubers ist, den er auf einer alten LP seines Vaters entdeckt hat, damit mithilfe dieses Zaubers die Beziehung seiner Eltern, die kurz vor der Scheidung stehen, gerettet werden kann. Nachdem Zabbatini erst abgelehnt hat, ihm zu helfen, besinnt er sich eines Besseren, als das Altersheim ihn wegen Zahlungsverzugs vor die Tür setzt. Er quartiert sich nach einem anfänglichen Missverständnis bei Max und seiner Mutter ein und bereitet tatsächlich seinen Auftritt bei Max‘ Geburtstag vor, bei dem er den Liebeszauber aussprechen soll.


Zu dieser Feier erscheint ebenfalls Max‘ Oma, deren ständigem Geschwafel über KZs schon keiner in der Familie mehr zuhört, und es stellt sich heraus, das Zabbatini einst ihr Leben gerettet hatte, indem er sie bei Ankunft in Ausschwitz im doppelten Boden seines Zauberkoffers versteckte. Das Wiedersehen ist zu viel für das Herz des alten Zauberers, und so kommt es, dass die mehr oder weniger versöhnte Familie Cohn gemeinsam an seinem Grab das Kaddisch betet.
Nun kann man diese sprachlich schlichte, klischeehafte Geschichte durchaus lesen, aber man darf sich dann nicht auch noch an den flachen Figuren ärgern. Weder die beiden Protagonisten Max und Mosche, noch die anderen Figuren gewinnen im Laufe der Erzählung nennenswert an Profil, und schon gar nicht werden sie wie Menschen mit verschiedenen Eigenschaften beschrieben. Es gibt da den naiven Max, seine zickige Mutter, seinen larmoyanten Vater, seine nervige Oma, den abgehalfterten Zauberer, dessen weltfremden Vater und die falsche Assistentin – alle ohne jegliche Nuance.


Diese einseitigen Figuren wandern dann durch ein vorhersehbares Szenario. Echte Spannung kommt dabei leider nicht auf. Mitgefühl auch nicht. Dafür sieht man die Verfilmung direkt vor sich. Wer also geduldig ist und auf den Fernsehfilm wartet, kann sich die Lektüre dieses Buches sicher sparen.